Die Deutsche Tamariske, Überlebenskünstlerin am Fluss ¶
Flusslandschaften sind wertvolle, aber oft gefährdete Hotspots für Lebensraum- und Artenvielfalt. Die Vernetzung von Flusslebensräumen und Vorkommen von Arten trägt entscheidend zur Vielfalt bei. Wie gut die natürlichen Vorkommen miteinander vernetzt sind, zeigt die genetische Verwandtschaftsanalyse einer typischen Pflanzenart für dynamische alpine Flüsse, die Deutsche Tamariske.
Die Deutsche Tamariske ist eine typische Pionierpflanze auf Kiesbänken und Ufern von naturnahen Flüssen mit schwankendem Wasserstand. Sie ist angewiesen auf wiederkehrende Hochwasser, gefolgt von längeren Trockenphasen. Andere Pflanzen überstehen diese Bedingungen nicht.
Diesen Extremen trotzt die Tamariske mit ihren langen Wurzeln: Sie verankern die Pflanze bei Hochwasser und erschliessen so Wasser aus dem Untergrund. Doch Flussverbauungen und fehlende Sedimente haben den Lebensraum der Pionierpflanze stark verkleinert und zu einem dramatischen Rückgang der Vorkommen geführt.
Mit der fehlenden Vernetzung von Lebensräumen hat sich auch die genetische Vielfalt verringert. Als wichtige Zeigerpflanze für dynamische Flusslandschaften steht die Deutsche Tamariske heute auf der Roten Liste.
Unterwegs mit Wind und Wasser ¶
Im Sommer bildet jeder Strauch der Deutschen Tamariske hunderte von Blüten und Millionen von Samen. Diese können sich sowohl mit dem Wind als auch über das Wasser ausbreiten.
Auch können abgebrochene Pflanzenteile oder ganze Pflanzen vom Wasser mitgerissen und an neuen Standorten angeschwemmt werden. Dort bilden sie neue Wurzeln und Triebe.
Wind und Wasser ermöglichen so eine Ausbreitung flussauf- und -abwärts.
Flusslandschaften sind Hotspots der Vielfalt ¶
Naturnahe alpine Flusslandschaften zeichnen sich durch ein Mosaik unterschiedlicher Lebensräume aus: sehr sonnige und trockene Kiesbänke oder steile Ufer, aber auch feuchte Stellen am Hauptfluss und an Nebenarmen.
Diese Vielfalt bietet zahlreichen Pflanzen, Tieren und Pilzen geeignete Lebensräume. Damit sich diese Arten ausbreiten können, ist eine Vernetzung der Lebensräume entlang des Flusses sowie zwischen Wasser und Land besonders wichtig.
Ob diese Vernetzung intakt ist, lässt sich indirekt mit genetischen Methoden (Mikrosatelliten) nachvollziehen.
Genfluss am restaurierten Flaz ¶
Wie weit und in welche Richtung sich die Deutsche Tamariske ausbreitet, haben wir am neu restaurierten Abschnitt des Flaz im Oberengadin untersucht.
Mit Verwandtschaftsanalysen haben wir die Vorkommen an den Kiesbänken im Fluss und an den Ufern mit älteren Standorten im Einzugsgebiet verglichen – sowohl flussauf- als auch flussabwärts.
Die genetische Vielfalt im Einzugsgebiet kann drei Gruppen zugeordnet werden. Für jeden Standort haben wir berechnet, wie gross der Anteil der drei Gruppen ist.
Bei den restaurierten Standorten am Flaz zeigen die genetischen Muster: Die Besiedlung erfolgt überwiegend flussabwärts, es gibt jedoch auch einen genetischen Austausch mit nahegelegenen Vorkommen entlang des Inns.
Die räumliche Verteilung der genetischen Vielfalt deutet darauf hin, dass sowohl die Ausbreitung über das Wasser als auch jene durch den Wind zur Vielfalt auf den neuen Kiesbänken und Uferbereichen beigetragen haben.
Meet the scientist ¶
Kontakt ¶
Dr. Sabine Franziska Fink
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Biodiversität und Naturschutzbiologie
Lebensraumdynamik
sabine.fink(at)wsl.ch
+41 44 739 2836
WSL Birmensdorf