Fördern Naturwaldreservate die Artenvielfalt von Totholzbesiedlern? ¶
Holz ist ein begehrter Rohstoff. Deshalb werden die meisten unserer Wälder stark genutzt. Alte Bäume und Totholz werden folglich Mangelware. Für viele Waldarten kann dies ein Problem darstellen, weil sie darauf angewiesen sind, dass ihnen kontinuierlich alte Bäume und totes Holz in verschiedenen Zersetzungsstadien und Grössen zur Verfügung stehen.
Deshalb wurden in den letzten Jahrzehnten Naturwaldreservate eingerichtet. In diesen Wäldern wird gänzlich auf die Holznutzung verzichtet, damit sich wieder eine natürliche Artenvielfalt etabliert. Doch zeigt das schon Wirkung? Und lässt sich das sogar genetisch nachweisen?
Um diese Fragen zu klären, haben wir die Pilzvielfalt auf Totholz in Naturwaldreservaten und benachbarten Wirtschaftswäldern mittels DNA-Metabarcoding und klassischer Fruchtkörperkartierung verglichen. Dabei haben sich interessante Stärken und Schwächen der beiden Methoden gezeigt.
Überraschungen in genetischen Daten ¶
Wenn wir Pilzarten anhand von Fruchtkörpern identifizieren, entdecken wir in Waldreservaten rund ein Drittel mehr Arten als in bewirtschafteten Wäldern. Ermitteln wir die Artenvielfalt des Totholzes aber direkt mit DNA-Analysen, finden wir gleich viele Pilzarten in beiden Waldtypen.
Ein möglicher Grund: Für die genetische Analyse entnehmen wir in beiden Waldtypen gleich viel Totholz und vergleichen die darin enthaltene Pilzvielfalt. Bei der Suche nach Fruchtkörpern begegnen wir in Waldreservaten nicht nur mehr Totholz, sondern auch einer breiteren Palette an Formen, Grössen und Zersetzungsstadien. Mehr und vielfältigeres Totholz bedeutet auch mehr sichtbare Pilze.
Fest steht: Die Fruchtkörperkartierung zeigt den erwarteten Unterschied. Die genetische Methode hingegen deckt – unabhängig vom Waldtyp – deutlich mehr Arten auf, darunter auch solche, die keine Fruchtkörper bilden oder nur sehr selten erscheinen (siehe Grafik).
Zwillinge auf Totholz ¶
Lange kannte man in Europa nur eine einzige Art Zunderschwamm. Erst 2013 gab es einen ersten genetischen Hinweis, dass es in Europa eine zweite Zunderschwammart gibt.
2019 wurde sie unter dem Namen Fomes inzengae als eigene Art beschrieben. Sie soll im Mittelmeerraum verbreitet sein. Die beiden Arten unterscheiden sich morphologisch kaum – Fachleute sprechen dann von kryptischen Arten.
Unsere Daten aus dem Waldreservatsmonitoring zeigen nun zum ersten Mal, dass beide Zunderschwammarten in der Schweiz vorkommen.