Inzucht im Untergrund ¶
Genetische Analysen enthüllen das eigenartige Liebesleben der Burgundertrüffel
Der Burgundertrüffel wächst in der Schweiz sowohl wild als auch in Plantagen. Um sein verborgenes Leben zu erforschen, nutzen wir genetische Methoden. Nur so lässt sich nachvollziehen, wie weit sich ein einzelner Pilz ausbreitet, welche Individuen verwandt sind und wie neue Trüffel entstehen.
Unsere Analysen zeigen: Unterirdisch existieren wenige grosse Trüffelindividuen – die «Mütter». Sie bilden über Jahre hinweg zahlreiche Trüffelknollen. Jede Knolle hat einen anderen «Vater», der jedoch weder als Myzel im Boden noch an den Wurzeln der Bäume nachweisbar ist.
Mutter und Vater sind meist eng verwandt. Vermutlich liegt das daran, dass viele Trüffel nicht von Tieren verbreitet werden, sondern sich im Boden zersetzen. Ihre Sporen sind «Töchter und Söhne» – Söhne befruchten das mütterliche Myzel und sterben dann ab.
Diese ingezüchtete Lebensweise sichert das Überleben vor Ort, birgt aber Risiken: Bei Umweltveränderungen kann es an genetischer Vielfalt fehlen, die eine Voraussetzung ist, um sich anzupassen.
Finde mich, friss mich, verbreite mich! ¶
Die schwarzen Knollen faszinierten schon die alten Griechen. Der griechischen Sage nach entstanden die Trüffel durch einen von Zeus gesandten Blitzschlag in eine Eiche. Plutarch hingegen war überzeugt, dass sich die Trüffel durch eine Kombination von Regen, Blitz und Hitze bildeten.
Trüffel sind wichtige Symbiosepartner unserer Waldbäume und ihre Fruchtkörper, die begehrten Knollen, reifen versteckt im Boden.
Damit ihre Sporen trotzdem verbreitet werden, setzen sie auf tierische Helfer – etwa Wildschweine oder Eichhörnchen, welche die Trüffel ausgraben und fressen.
Um Tiere anzulocken, verströmen sie einen intensiven Duft – eine Einladung an alle feinen Nasen im Wald.
Hitze und Trockenheit gefährden die Trüffelernte ¶
Von 2011 bis 2023 führte die WSL ein Beobachtungsprogramm zum Burgundertrüffel durch. Freiwillige erfassten die Fruchtkörper auf natürlichen Trüffelstandorten in der Schweiz und in Süddeutschland. Alle drei Wochen besuchten sie die Standorte mit ihren Trüffelhunden, gruben die Trüffel aus, wogen und beschrieben sie – und schickten eine Probe für genetische Analysen an die WSL. Zusätzlich erfassten Bodensensoren Bodenfeuchtigkeit und -temperatur.
Wir werteten diese Daten mit Computermodellen in Verbindung mit Klimadaten aus. Das Ergebnis: In heissen und trockenen Jahren nahm die Trüffelmenge deutlich ab – ein Viertel weniger Trüffel pro Grad Wärme.
Eine Erkenntnis überraschte: Obwohl Burgundertrüffel auch in sehr trockenen und heissen Regionen wie Spanien vorkommen, tolerieren die mitteleuropäischen Varianten nicht gleich hohe Temperaturen. Offenbar bilden Trüffel eher viele kleine, lokal angepasste Populationen und ertragen nicht die ganze Bandbreite von Temperaturen in ihrem Ausbreitungsgebiet.
Unsere genetischen Analysen stützen diese Annahme: Trüffel tauschen sich eher auf kleinem Raum genetisch aus und betreiben sogar oft Inzucht. So kommen die im wärmeren Klima vorteilhaften südlicheren Genvarianten vielleicht nicht schnell genug in den Norden – ein möglicher Nachteil im Klimawandel.
Meet the scientist ¶
Kontakt ¶
Dr. Martina Peter
Gruppenleiterin
Biodiversität und Naturschutzbiologie
Ökologische Genetik
martina.peter(at)wsl.ch
+41 44 739 2288
WSL Birmensdorf